Es herrscht immer noch das
Vorurteil, Mundhygiene sei im Mittelalter unbekannt gewesen. Jedoch sollen hier einige
Empfehlungen aus dem 12. und 13. Jahrhundert vorgestellt werden. Teilweise sind die
Empfehlungen lediglich zum Bekämpfen des schlechten Atems geeignet, doch einige der
Autoren empfehlen das Reinigen der Zähne mittels Leinentüchern, die durchaus einen
ähnlichen Effekt wie unsere Zahnbürste gehabt haben. Auch hier scheinen teilweise
Anregungen aus dem arabischen Raum übernommen worden zu sein. In
den Rezepten werden auch einige Gewürze erwähnt, die sicher nicht der einfachen
Bevölkerung zur Verfügung gestanden haben. Wahrscheinlich war die weitergehende
Mundpflege der höheren Schicht vorbehalten. Über die Praktiken der niederen Schichten
stehen uns leider keine Informationen zur Verfügung.
Hildegard von Bingen (1158): "Physica"
- Ausspülen des Mundes mit kaltem Wasser. Das Wasser soll eine Weile im Mund behalten
werden, um die Beläge aufzuweichen.
Trota von Salerno (Trotula, 12. Jahrhundert): "Ornatu
Mulierum"
- Tägliches Ausspülen des Munds mit Wein,
- Danach abtrocknen der Zähne und sauber reiben mit einem Tuch
- Tägliches Kauen von Fenchel, Liebstöckel oder Petersilie für guten Atem und weiße
Zähne
- Atemerfrischung durch Lorbeerblätter und Moschus, das beides unter der Zunge gehalten
werden soll. Für tägliche Anwendung und speziell vor Intimkontakten. Trotula erwähnt
die sarazenische Herkunft dieser Methode.
- Pulver aus gebranntem Mamorkalk, gebrannten Dattelkernen, weißem Natron, gemahlenem
Ziegel und Bimsstein. Dieses Pulver wird mit feuchter Wolle und Leinentuch zum Reinigen
der Zähne verwendet, um besonders weiße Zähne zu bekommen.
Gilbertus Anglicus (um 1200): "Compendium
medicinae"
- Ausspülen des Munds mit einem Wein, der mit Birke oder Pfefferminz gekocht wurde.
- Reiben des Zahnfleischs mit rauem Leinen, bis es blutet
- Tägliches Kauen von Majoran, Minze und Römischer Bertramswurzel. Mit den gekauten
Kräutern sollen Zähne und Zahnfleisch eingerieben werden.
- Abendliches Trinken eines Weins, der mit Ysop, Zimt, Lavendel oder Quibibis
(Kubebenpfefferbeeren ?) aufgekocht wurde.
- Nach den Mahlzeiten immer Mund ausspülen und Zähne und Zahnfleisch reiben, damit keine
Speisereste hängen bleiben.
- Atemerfrischendes Pulver aus gleichen Teilen Pfeffer, Minze und Steinsalz. Dieses soll
gekaut und dann geschluckt werden.
- Gewürzkugeln gegen Mundgeruch: Jeweils 8 Teile Nelken, Muskatnuss, Zimt und
Muskatbüte, 10 Teile rotes Sandelholz, 7 Teile Quibibis, 5 Teile Kardamom. Dies wird mit
dem Saft der Minze gemischt und zu kleinen Kugeln geformt. Davon soll man zwei unter die
Zunge legen.
Author: Gunter Krebs
Quellen:
- Hildegard von Bingen: "Physica"
- Gilbertus Anglicus: "Compendium medicinae"
- Trota von Salerno: "Ornatu Mulierum"
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