Lothar Graf von Segni wurde um 1160
auf Kastell Gavignano bei Segni (Mittelitalien) als Sohn des in der Kampagna begüterten
Grafen Trasimund von Segni und der römischen Patrizierin Claricia Scotti. Er besuchte in Rom die Schule des St. Andreasklosters, seine
theologischen Studien begann er in Paris. Peter von Corbeil, der wohl herausragendste
seiner Lehrer, wurde später unter Innozenzs III. Pontifikat zu hohen kirchlichen Würden
berufen, wie manche andere seiner Lehrer. Prägende Spuren hinterließen ferner die
juristischen Studien, die Lothar Graf von Segni in den Jahren 1178-1187 in Bologna
betrieb. 1187 wurde er zum Subdiakon geweiht, zwei Jahre später folgte der Aufstieg zum
Kardinaldiakon von SS. Sergius und Bacchus in Rom. Aus dieser Zeit stammt seine Schrift
»De misera condicione hominis«, die seine Ansicht über die Stellung des Papstes über
den Menschen erläutert.
Nach der am 8.11. 1198 erfolgten Wahl nahm der den Papstnamen
Innozenz III. an und widmete er sich in erster Linie der juristischen Festigung des
Papsttums. Als "Vater der Urkundenlehre" erließ er eine allgemein gültige
kirchliche Gebühren- und Geschäftsordnung, selbst Regeln zur Überprüfung der Echtheit
einer Urkunde stammen aus seiner Hand. Seine erste, authentische Dekretalensammlung, die
»Compilatio III«, förderte maßgeblich das römische Dekretalenrecht. Die politischen
Wirren der Zeit ermöglichten es ihm, daß er das Papsttum endgültig als weltliche Macht
etablieren konnte und es gleichzeitig ins mittelalterliche Staaten- und Machtgefüge
einordnete. Unter ihm verdoppelte sich der päpstliche Territorialbesitz, durch
"Rekuperationen" dehnte Innozenz III. den Kirchenbesitz bis zur Adria aus. Von
diesen "Wiederinbesitznahmen" profitierten erheblich Mitglieder seiner
Familie.
Begünstigt wurde sein Vorgehen durch die Doppelwahl 1198
zwischen Philipp von Schwaben und Otto IV. Innozenz III. erklärte zu diesem Vorgang, daß
"die deutschen Fürsten das Recht und die Vollmacht hätten, einen König zu wählen,
der dann Kaiser werde; dem Papst aber stehe die Prüfung dieser Person zu, da er allein
ihn salbe, weihe und kröne." Sein Verhalten gerade in dieser umstrittenen
Angelegenheit jedoch war schwankend; aus taktischen Erwägungen begünstigte er zunächst
Otto von Braunschweig, mußte dann aber 1208 mit dem siegreichen Philipp Frieden
schließen, krönte nach dessen Ermordung Otto zum Kaiser, bannte ihn aber kurz darauf,
als der neue Kaiser Sizilien angriff. Die schon zu seiner Zeit fast mißbrauchten, da zu
häufig angewendeten Maßnahmen des Banns und des Interdikts, begründete er mit dem
Grundsatz, "auch die Könige unterstünden dem päpstlichen Gericht über die Sünde
und somit auch der kirchlichen Strafgewalt."
Ähnlich rigoros wie gegen Otto IV. ging Innozenz III. gegen
den englischen König Johann ohne Land vor. Dieser hatte durch die Besetzung des
Erzbischofsstuhls von Canterbury mit Stephan Langton einen alten prinzipiellen Konflikt
ausgelöst, den Innozenz III. zunächst durch Bann und Interdikt, letztlich durch die
ultimative Drohung verschärfte, er werde Johanns Untertanen von ihrem Treueeid entbinden
und ihn zu einem Feind der Kirche erklären. Der von seinen eigenen Untertanen und dem
französischen König bedrohte Johann ohne Land mußte daher nicht nur in der kirchlichen
Streitfrage nachgeben, er unterstellte zudem auch sein englisch-irisches Reich der
Lehnsoberhoheit der römischen Kirche.
Als die deutschen Fürsten im Dezember 1212 Friedrich, dessen Mutter Konstanze Sizilien bis zu seiner
Mündigkeitserklärung dem Papst unterstellt hatte, zum deutschen König wählten, da
konnte sich Innozenz III. als Oberlehnsherr von Sizilien, Aragon, Leon, Portugal,
Bulgarien, England, möglicherweise auch von Ungarn bezeichnen. Manche Hoffnungen aber
erwiesen sich als nichtig, so die erhoffte Union mit der armenischen Kirche und vor allem
die mit der griechischen, die die Eroberung von Byzanz 1204 durch von Innozenz III.
unterstützte Kreuzfahrer gänzlich zunichte gemacht hatte. Dagegen ließ die Wahl seines
Schutzbefohlenen Friedrich einen weitreichenden Einfluß auf
die deutsche Politik erwarten.
Diese politischen Handlungen verdecken fast Innozenzs
pastorales Wirken, dem er sich jedoch während seiner ganzen Regierungszeit nachhaltig
widmete. Um die Einheit der Kirche zu wahren, ging er gegen die Ketzerbewegungen vor,
zunächst gemäßigt, als es jedoch den Fürsten mißlang, diese im Kern ausufernden
Reformideen einzudämmen, veranlaßte er gegen die Albigenser in Südfrankreich einen
"Ketzerkreuzzug". Dieser entartete unter dem päpstlichen Legaten Arnaldus
Amalrici und dem Heerführer Simon von Montfort, sein Verlauf wirft kein günstiges Licht
auf Innozenz III.
Positiv dagegen hebt sich seine glückliche Hand bei der
Förderung mancher Orden ab. Außer den päpstlichen Begünstigungen für die Trinitarier
und die Hospitaliter vom Heiligen Geist trifft dies vor allem auf den neuen Orden des
heiligen Franz von Assisi zu. Innozenz III. erkannte 1210 dessen erste Regel an, er sah,
daß das von Franz geforderte Leben der Armut, der Caritas und der Predigt das innere
Gewicht seines Pontifikats aufwerten und die Ketzerbewegungen auffangen konnte. Ähnlich
eifrig unterstützte er die ähnlich gearteten Bemühungen des heiligen Dominikus
Sein Lebenswerk fand seinen überragenden Abschluß im 4.
Laterankonzil (1215), das gravierende Folgen für das Kirchenrecht hatte. Seine, in 70
Kanones die niedergelegten Beschlüsse befaßten sich mit der Transsubstantionslehre.
Ebenso wurden erweiterte Vorschriften gegen Ketzerbewegungen erlassen. Es folgten die
eigentlichen Reformmaßnahmen. So wurden neue Orden verboten, eine Vorschrift, die seine
Nachfolger jedoch bald ignorierten. In diesen Thesen wurde auch die Altarsakramente und
die Ablasserteilung geregelt. Von Innozenz III. befürwortet, legte das Konzil den Juden
eine bestimmte Kleidervorschrift auf, vermutlich eine Legalisierung von bereits
umlaufenden Vorschriften, ihre fatalen Folgen konnte Innozenz III. noch nicht
erahnen.
Gänzlich scheiterte des Papstes innerstes Anliegen, nämlich
einen neuen Kreuzzug auszurufen und diesen ausschließlich unter eine geistliche Leitung
zu stellen (in Erinnerung an den ins Gegenteil verkehrten Kreuzzug 1204 diesmal ohne
weltliche Führung, wohl aber mit deren Beteiligung). Das Konzil plante zwar einen
weiteren Kreuzzug, Innozenz III. vermochte ihn aber in der ihm noch verbleibenden kurzen
Lebensspanne nicht mit Leben zu füllen. Er starb überraschend am 16.7.1216 während
einer Reise nach Perugia und wurde dort in St. Laurentius beigesetzt.
Quelle:
Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon:
www.bautz.de/bbkl/i/Innozenz_III.shtml
Autor: Gunter Krebs |