Leonardo Pisano (Leonard von Pisa),
der auch kurz Fibonacci (für "filius Bonnacci", Sohn des Bonacci) genannt wird,
wurde ca. 1180 in Pisa geboren. Sein Vater war ein Pisaer Kaufmann, der u.a. mit den
arabischen Ländern Nordafrikas Handel trieb. Leonardo hatte einen muslimischen Lehrer,
und machte Reisen u.a. nach Ägypten, Syrien und Griechenland, und lernte auf diese Weise
die hindu-arabischen Ziffern und die von den arabischen Mathematikern erfundenen
Rechenmethoden kennen. Diese stellt er sehr sorgfältig in
seinem 1202 vollendeten Buch "Liber Abaci",
dem "Buch vom Abakus", auch wenn es gerade die algebraischen Methoden
behandelte, die den Abakus überflüssig machen sollten, vor. In diesem propagiert er den
Gebrauch der Hindu-arabischen Ziffern und erläutert die vier Grundrechenarten, die
Bruchrechnung und kaufmännische Rechenmethoden.
Das Liber Abacci enthält aber viele eindrucksvolle
mathematische Probleme, die von späteren Autoren immer wieder zitiert wurden, so z.B. das
Problem mit den Kaninchen aus der 2. Edition: Jemand setzt ein Paar Kaninchen in
einen Garten, der auf allen Seiten von einer Mauer umgeben ist, um herauszufinden,
wieviele Kaninchen innerhalb eines Jahre geboren werden. Wenn angenommen wird, daß jeden
Monat jedes Paar ein weiteres Paar erzeugt, und daß Kaninchen zwei Monate nach ihrer
Geburt geschlechtsreif sind, wie viele Paare Kaninchen werden dann jedes Jahr
geboren?
Die dieses Problem lösende Zahlenreihe ist noch heute als Fibonacci-Reihe bekannt:
F0=0, F1=1 und Fn+1=Fn+Fn-1
Die ersten Fibonacci-Zahlen sind also:
0, 1, 1, 2, 3, 5, 8, 13, 21, 34, 55, 89, 144, 233, 377, ...
Das Liber Abaci,
welches in einer überarbeiteten Ausgabe 1228 erschien, wurde Leonardos bekanntestes Buch,
auch wenn es in den Schulen nicht weit verbreitet war, und erst im 19. Jh. gedruckt
wurde.
Im Jahr 1226 begegnete er in Pisa dem Kaiser
Friedrich II., zu dessen Hof er in der Folge die besten Beziehungen unterhielt: Die
Überarbeitung des Liber Abaci von 1228
ist dem kaiserlichen Philosophen, Michele Scoto, gewidmet. Ebenfalls aus diesen Jahren
stammen drei kleinere Werke, geringer allerdings lediglich im Umfang, nicht aber in ihrer
Bedeutung: der Liber Quadratorum, das Flos und die Epistola ad Magistrum
Theodorum. Von zwei weiteren Werken sind bloß die Namen überliefert, ohne dass
genauer bekannt wäre, wann sie verfasst wurden: ein Kommentar zum zehnten Buch der
Elemente des Euklid und ein Buch von minderem Wert, sehr wahrscheinlich ein Kompendium des
Liber Abaci.
Vieles von dem, was in diesen Büchern vorkommt, war zu jener
Zeit im mittelalterlichen Europa völlig unbekannt und konnte von seinen Zeitgenossen
nicht verstanden werden. Sie enthalten vieles, was an Diophant, Euklid, die arabischen und
chinesischen Mathematiker erinnert.
Die Stadt Pisa sprach im im Jahre 1241 eine Pension für seine
Verdienste zu. Um 1250 starb Fibonacci in seine Heimatstadt.
Es sollte noch mehr als 200 Jahre dauern, bis sich das
Dezimalsystem in Europa durchgesetzt hatte, und noch 300 Jahre, bis die europäische
Mathematik aus dem Schatten der antiken und der arabischen Mathematik treten konnte.
Seine Werke:
- Liber Abaci (1202), nicht erhalten
- Flos (1225)
- Practica geometriae" (1220)
- Liber quadratorum" (1225)
- Liber Abaci, 2. Edition (1228)
- Epistola ad Magistrum Theodorum (1228)
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